- Strategische Balance: Der ideale Finanzierungsmix kombiniert Eigen-, Fremd- und Mezzaninkapital so, dass Kosten, Risiko und unternehmerische Kontrolle optimal ausbalanciert sind. Es gibt keine Einheitslösung.
- Phasenabhängigkeit: Die Kapitalstruktur muss sich dem Lebenszyklus des Unternehmens anpassen. Start-ups benötigen anderes Kapital als etablierte Wachstumsunternehmen.
- Österreichische Förderungen nutzen: Öffentliche Förderstellen wie die Austria Wirtschaftsservice GmbH (aws) und die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) bieten unschätzbare Ressourcen in Form von Zuschüssen, Haftungen und günstigen Krediten, die jeder Mix berücksichtigen sollte.
- Innenfinanzierung als Basis: Die Finanzierung aus dem eigenen Cashflow (Selbstfinanzierung) ist die günstigste und unabhängigste Form der Kapitalbeschaffung und sollte stets die erste Überlegung sein.
Warum der richtige Finanzierungsmix über Erfolg oder Scheitern entscheidet
Die Finanzierung ist das Lebenselixier jedes Unternehmens. Ohne ausreichend Kapital können weder innovative Ideen umgesetzt noch das tägliche Geschäft aufrechterhalten werden. Doch die Frage ist nicht nur, ob ein Unternehmen finanziert ist, sondern vor allem wie. Hier kommt der strategische Finanzierungsmix ins Spiel. Er ist vergleichbar mit dem Fundament eines Hauses: Ist es falsch konzipiert oder aus den falschen Materialien gebaut, gerät das gesamte Gebäude bei der ersten Belastung ins Wanken. Ein durchdachter Mix aus verschiedenen Kapitalquellen sichert nicht nur die Liquidität, sondern beeinflusst auch maßgeblich die Stabilität, das Wachstumspotenzial und die unternehmerische Freiheit.
Viele österreichische Unternehmer konzentrieren sich anfangs oft nur auf den klassischen Bankkredit. Das ist verständlich, aber kurzsichtig. Eine zu hohe Abhängigkeit von Fremdkapital erhöht das Risiko bei wirtschaftlichen Schwankungen und schränkt den Handlungsspielraum ein. Umgekehrt kann eine alleinige Fokussierung auf Eigenkapital zur ungewollten Abgabe von Unternehmensanteilen und Kontrolle führen. Die Kunst liegt in der strategischen Kombination verschiedener Finanzierungsbausteine. Ziel ist es, eine Kapitalstruktur zu schaffen, die flexibel genug ist, um auf Marktveränderungen zu reagieren, die Kosten des Kapitals minimiert und die langfristigen Ziele des Unternehmens optimal unterstützt. Dieser Artikel führt Sie durch die entscheidenden Kapitalquellen und zeigt Ihnen, wie Sie für Ihr österreichisches Unternehmen den passenden Mix finden.
Die Grundpfeiler der Finanzierung: Eigenkapital und Fremdkapital im Detail
Jede Finanzierungsstrategie basiert auf zwei fundamentalen Säulen: Eigenkapital und Fremdkapital. Das Verständnis ihrer Eigenschaften, Vor- und Nachteile ist die absolute Grundlage für jede unternehmerische Entscheidung. Sie bestimmen maßgeblich die Bilanzstruktur, die Kreditwürdigkeit und die Verteilung von Gewinn und Risiko.
Eigenkapital: Das Fundament der Unabhängigkeit
Eigenkapital ist das Kapital, das die Eigentümer selbst in das Unternehmen einbringen oder das durch einbehaltene Gewinne im Unternehmen verbleibt. Es steht dem Unternehmen unbefristet zur Verfügung und muss nicht zurückgezahlt werden. Man spricht hier auch vom Risikokapital, da die Eigenkapitalgeber im Falle einer Insolvenz als Letzte bedient werden und somit das volle Verlustrisiko tragen. Zu den Quellen zählen private Einlagen der Gründer, Gewinne, die nicht ausgeschüttet werden (Thesaurierung), oder Kapital von externen Investoren wie Business Angels und Venture-Capital-Gesellschaften. Der große Vorteil liegt in der gestärkten Unabhängigkeit und Krisenfestigkeit. Eine hohe Eigenkapitalquote verbessert das Rating bei Banken und macht das Unternehmen attraktiver für weitere Finanzierungen. Der Nachteil: Die Aufnahme von externem Eigenkapital bedeutet oft die Abgabe von Unternehmensanteilen und damit auch von Stimm- und Gewinnrechten.
Fremdkapital: Der klassische Wachstumsmotor
Fremdkapital wird dem Unternehmen von externen Gläubigern wie Banken für einen befristeten Zeitraum zur Verfügung gestellt. Es muss zu einem vereinbarten Zeitpunkt samt Zinsen zurückgezahlt werden. Die häufigsten Formen in Österreich sind der Bankkredit (Investitionskredit, Betriebsmittelkredit) oder der Kontokorrentkredit zur Sicherung der kurzfristigen Liquidität. Der entscheidende Vorteil von Fremdkapital ist, dass die Eigentumsverhältnisse unberührt bleiben. Sie behalten die volle Kontrolle über Ihr Unternehmen. Zudem sind die Zinsen als Betriebsaufwand steuerlich absetzbar, was die Kapitalkosten senkt. Die Nachteile sind jedoch ebenso gravierend: Es besteht eine fixe Rückzahlungs- und Zinsverpflichtung, unabhängig von der Ertragslage des Unternehmens. Dies erzeugt einen permanenten Liquiditätsdruck. Zudem verlangen Banken in der Regel Sicherheiten (Haftungen, Immobilien) und die Fähigkeit zur Bedienung des Kredits muss nachgewiesen werden, was insbesondere für junge Unternehmen eine Hürde darstellt.
Mezzaninkapital: Die smarte Brücke zwischen Eigen- und Fremdkapital
Neben den klaren Kategorien Eigen- und Fremdkapital hat sich eine flexible und innovative Finanzierungsform etabliert: das Mezzaninkapital. Der Begriff stammt aus der Architektur, wo ein „Mezzanin“ ein Zwischengeschoss bezeichnet. Genau das ist es auch in der Finanzwelt: eine Mischform, die Eigenschaften von beiden Grundpfeilern kombiniert. Für viele österreichische kleine und mittlere Unternehmen (KMU) stellt es eine ideale Lösung dar, um Wachstum zu finanzieren, ohne die Nachteile der klassischen Wege voll in Kauf nehmen zu müssen.
Was ist Mezzaninkapital?
Mezzaninkapital ist rechtlich gesehen meist Fremdkapital, wird aber wirtschaftlich oft wie Eigenkapital behandelt. Der Schlüssel dazu ist die Nachrangigkeit. Im Falle einer Insolvenz werden die Mezzaninkapitalgeber erst nach allen anderen Gläubigern (z.B. Banken), aber noch vor den Eigenkapitalgebern bedient. Dieses erhöhte Risiko für den Geldgeber wird durch eine höhere Verzinsung ausgeglichen, die oft aus einer festen Zinskomponente und einer gewinnabhängigen Komponente besteht. Für das Unternehmen hat dieser Nachrang einen riesigen Vorteil: Banken erkennen dieses Kapital oft als „wirtschaftliches Eigenkapital“ an, was die Eigenkapitalquote in der Bilanz stärkt und die Kreditwürdigkeit (das Rating) verbessert. So wird die Aufnahme von zusätzlichem, günstigerem Bankkredit erleichtert.
Formen und Vorteile für österreichische KMU
Die gängigsten Formen von Mezzaninkapital in Österreich sind stille Beteiligungen, Genussrechte und nachrangige Darlehen. Bei einer stillen Beteiligung partizipiert der Geldgeber am Gewinn (und oft auch am Verlust), ohne Gesellschafter zu werden und Stimmrechte zu erhalten. Die unternehmerische Kontrolle bleibt vollständig bei den bisherigen Eigentümern. Nachrangige Darlehen sind klassische Kredite mit einer Nachrangigkeitsklausel. Der größte Vorteil für KMU ist die enorme Flexibilität in der Ausgestaltung. Laufzeit, Verzinsung und Rückzahlungsmodalitäten können individuell verhandelt werden. Mezzaninkapital schließt die Lücke für Unternehmen, die für reines Venture Capital zu etabliert, aber für eine reine Bankfinanzierung noch zu risikoreich sind oder ihre Sicherheiten schonen wollen.
Phasenabhängige Finanzierung: Welches Kapital für welche Unternehmensphase?
Ein Unternehmen ist ein lebender Organismus, der verschiedene Entwicklungsphasen durchläuft. Der Kapitalbedarf und die verfügbaren Finanzierungsquellen ändern sich in jeder Phase dramatisch. Eine Finanzierungsstrategie, die in der Gründungsphase perfekt war, kann in der Wachstumsphase zum Bremsklotz werden. Ein strategischer Finanzierungsmix muss daher dynamisch sein und sich dem Lebenszyklus anpassen.
Gründungs- und Start-up-Phase (Seed & Start-up)
In der Anfangsphase existiert oft noch kein stabiler Cashflow, das Risiko ist maximal. Klassische Bankkredite sind kaum zu bekommen, da es keine Historie und wenige Sicherheiten gibt. Die Finanzierung stützt sich daher fast ausschließlich auf Eigenkapital. An erster Stelle stehen die „3 Fs“: Family, Friends & Fools – also Familie, Freunde und Enthusiasten, die an die Idee glauben. Ergänzt wird dies durch eigene Ersparnisse. Parallel dazu sind öffentliche Förderungen für Gründer, wie der aws erp-Kredit oder der Pre-Seed- und Seed-Zuschuss der FFG, essenziell. Für technologieorientierte Start-ups kommen Business Angels und erste Venture-Capital-Investoren in Frage, die gegen Unternehmensanteile Risikokapital bereitstellen.
Wachstumsphase (Growth)
Das Unternehmen hat ein funktionierendes Geschäftsmodell und generiert Umsätze und idealerweise Gewinne. Jetzt geht es um Skalierung, Expansion in neue Märkte oder die Erweiterung der Produktpalette. Der Kapitalbedarf steigt sprunghaft an. In dieser Phase ist ein intelligenter Mix entscheidend. Die bewährte Selbstfinanzierung aus dem Cashflow wird nun durch externes Kapital ergänzt. Die verbesserte Bonität ermöglicht die Aufnahme von Bankkrediten für Investitionen in Maschinen oder Gebäude. Um die Eigenkapitalbasis zu stärken und weiteres Fremdkapital zu ermöglichen, ist Mezzaninkapital eine exzellente Option. Für schnelles, aggressives Wachstum kann eine weitere Runde mit Venture Capital sinnvoll sein, um die Marktführerschaft zu erobern.
Reife- und Krisenphase (Maturity / Turnaround)
In der Reifephase ist das Unternehmen etabliert, der Cashflow ist stabil und vorhersehbar. Der Finanzierungsfokus verlagert sich von der Expansion auf die Optimierung der Kapitalstruktur. Teure Kredite werden durch günstigere umgeschuldet, und die Finanzierung erfolgt primär aus dem Innenfinanzierungspotenzial (Gewinne, Abschreibungen). Sollte das Unternehmen in eine Krise geraten, wird eine schnelle und oft komplexe Restrukturierungsfinanzierung notwendig. Hierbei kommen spezialisierte Fonds, staatliche Auffanggesellschaften oder auch ein strategischer Verkauf von Unternehmensteilen (Desinvestition) ins Spiel.
Staatliche Förderungen in Österreich: Ein unschätzbarer Vorteil
Österreich verfügt über eine der dichtesten und attraktivsten Förderlandschaften Europas. Für Unternehmen jeder Größe und Branche wäre es fahrlässig, dieses Potenzial im Finanzierungsmix ungenutzt zu lassen. Öffentliche Förderungen sind kein Almosen, sondern ein wirtschaftspolitisches Instrument, um Innovation, Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu unterstützen. Sie stellen oft das „günstigste Geld“ dar und können als entscheidender Hebel für die Beschaffung von weiterem Kapital dienen.
Die wichtigsten Anlaufstellen: aws, FFG und Landesförderstellen
Drei zentrale Akteure prägen die österreichische Förderlandschaft. Die Austria Wirtschaftsservice GmbH (aws) ist die Förderbank des Bundes. Sie bietet ein breites Spektrum an Instrumenten, von zinsgünstigen Krediten (erp-Kredite) über Zuschüsse bis hin zu Haftungen, die Banken das notwendige Vertrauen geben, einen Kredit zu vergeben. Die aws deckt den gesamten Lebenszyklus eines Unternehmens ab, von der Gründung bis zur internationalen Expansion. Die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) ist die nationale Anlaufstelle für die Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation. Sie vergibt vor allem nicht-rückzahlbare Zuschüsse für konkrete F&E-Projekte und stärkt so die Innovationskraft. Ergänzend dazu haben die Bundesländer eigene Landesförderstellen (z.B. die Wirtschaftsagentur Wien oder die SFG in der Steiermark), die spezifische, auf die regionale Wirtschaftsstruktur zugeschnittene Programme anbieten.
Arten von Förderungen: Zuschüsse, Haftungen und zinsgünstige Kredite
Die Förderinstrumente lassen sich grob in drei Kategorien einteilen. Zuschüsse sind die attraktivste Form, da es sich um geschenktes Geld handelt, das nicht zurückgezahlt werden muss. Sie werden meist für bestimmte Zwecke wie Forschung, Digitalisierung oder Umweltmaßnahmen vergeben. Haftungen und Garantien (z.B. eine aws-Garantie) sind ein mächtiges Werkzeug. Hier übernimmt die Förderstelle einen Teil des Risikos für die finanzierende Bank. Dadurch werden Kredite oft erst möglich oder deutlich günstiger. Zinsgünstige Kredite sind Darlehen, deren Zinssatz unter dem marktüblichen Niveau liegt. Diese sollten immer die erste Wahl vor einem reinen Geschäftsbankkredit sein. Eine kluge Strategie kombiniert oft mehrere dieser Elemente und nutzt sie als Basis, um bei privaten Kapitalgebern zu punkten.
Interne vs. externe Finanzierung: Die Kraft aus dem eigenen Unternehmen nutzen
Bei der Suche nach Kapital blicken viele Unternehmer reflexartig nach außen – zu Banken, Investoren und Förderstellen. Dabei wird oft die stärkste und günstigste Kapitalquelle übersehen: das eigene Unternehmen. Die interne Finanzierung, auch Innenfinanzierung genannt, schöpft Kapital aus der eigenen betrieblichen Wertschöpfung. Sie ist das Fundament finanzieller Stabilität und Unabhängigkeit und sollte in jedem Finanzierungsmix eine zentrale Rolle spielen.
Selbstfinanzierung aus dem Cashflow
Die reinste Form der Innenfinanzierung ist die Selbstfinanzierung aus einbehaltenen Gewinnen. Anstatt den gesamten Jahresüberschuss an die Eigentümer auszuschütten, wird ein Teil davon im Unternehmen belassen (thesauriert). Dieses Kapital steht dann für Investitionen, Schuldentilgung oder als Liquiditätspolster zur Verfügung. Der unschlagbare Vorteil: Es entstehen keine Kapitalkosten in Form von Zinsen oder Dividenden, es müssen keine Sicherheiten bereitgestellt werden und die unternehmerische Kontrolle bleibt zu 100 % erhalten. Dieser Prozess stärkt die Eigenkapitalbasis kontinuierlich und macht das Unternehmen widerstandsfähiger gegen Krisen. Der einzige Nachteil ist, dass das Wachstumstempo durch die Höhe des erwirtschafteten Gewinns begrenzt ist. Für sehr schnelle Expansionspläne reicht die Selbstfinanzierung allein oft nicht aus.
Finanzierung aus Abschreibungen und Rückstellungen
Dies ist eine subtilere, aber ebenso wichtige Form der Innenfinanzierung. Abschreibungen auf Anlagevermögen (z.B. Maschinen, Gebäude) sind ein buchhalterischer Aufwand, der den Gewinn und damit die Steuerlast senkt. Anders als andere Aufwände führen sie aber nicht zu einem sofortigen Geldabfluss. Das Geld, das den Abschreibungen wertmäßig entspricht, bleibt im Unternehmen und steht als Liquidität zur Verfügung. Man spricht hier vom „Cashflow aus Abschreibungen“. Ähnlich verhalten sich langfristige Rückstellungen (z.B. für Pensionen oder Jubiläumsgelder). Das Geld wird heute zurückgelegt, fließt aber erst in ferner Zukunft ab. In der Zwischenzeit kann das Unternehmen mit diesen Mitteln arbeiten. Eine bewusste Steuerung dieser Posten kann signifikante liquide Mittel freisetzen und die Abhängigkeit von externen Geldgebern reduzieren.
Der optimale Mix: So entwickeln Sie Ihre persönliche Finanzierungsstrategie
Die Kenntnis der einzelnen Bausteine ist die eine Sache, ihre meisterhafte Kombination die andere. Die Entwicklung einer maßgeschneiderten Finanzierungsstrategie ist kein einmaliger Akt, sondern ein fortlaufender Prozess, der sich an den Zielen und der Entwicklung Ihres Unternehmens orientiert. Ein strukturierter Ansatz hilft dabei, die Komplexität zu beherrschen und fundierte Entscheidungen zu treffen.
Schritt 1: Bedarfsanalyse und Planung
Am Anfang steht die ehrliche und detaillierte Analyse. Wofür genau benötigen Sie Kapital? Handelt es sich um eine kurzfristige Finanzierung von Waren (Betriebsmittel) oder um eine langfristige Investition in eine neue Produktionshalle (Anlagevermögen)? Wie hoch ist der exakte Kapitalbedarf? Eine sorgfältige Finanzplanung, die eine Plan-Gewinn- und Verlustrechnung, eine Planbilanz und vor allem eine Liquiditätsplanung umfasst, ist hier unerlässlich. Diese Planung ist nicht nur für Sie selbst wichtig, sondern bildet die Grundlage für jedes Gespräch mit externen Kapitalgebern. Sie zeigt, dass Sie Ihr Geschäft verstehen und die Rückzahlung des Kapitals sicherstellen können.
Schritt 2: Analyse der Kapitalquellen
Mit dem klaren Bedarfsprofil bewerten Sie nun die verfügbaren Finanzierungsoptionen. Jede Quelle sollte anhand von vier Kriterien geprüft werden: Kosten (Zinsen, Gebühren, Renditeerwartungen von Investoren), Risiko (Haftung, Rückzahlungsdruck), Kontrolle (Abgabe von Stimmrechten und Mitsprache) und Verfügbarkeit (Wie schnell und einfach ist das Kapital zu beschaffen?). Diese Analyse sollte schriftlich erfolgen, um eine objektive Vergleichsbasis zu schaffen. Hier hilft die folgende Tabelle, die wichtigsten Finanzierungsarten gegenüberzustellen:
Kriterium | Eigenkapital (z.B. Venture Capital) | Fremdkapital (Bankkredit) | Mezzaninkapital (stille Beteiligung) |
---|---|---|---|
Kontrolle | Hoch (Stimmrechtsabgabe, Mitsprache) | Kein Kontrollverlust | Gering (meist keine Stimmrechte) |
Verfügbarkeit | Schwierig, langwieriger Prozess | Mittel, Bonität und Sicherheiten nötig | Mittel bis schwierig, flexibel |
Kosten | Sehr hoch (hohe Renditeerwartung) | Niedrig bis mittel (fester Zinssatz) | Mittel bis hoch (Fixzins + Gewinnanteil) |
Rückzahlung | Keine Rückzahlungspflicht (Exit-Erlös) | Feste Tilgungsverpflichtung | Feste Laufzeit, aber nachrangig |
Risiko für Unternehmen | Gering (kein Insolvenzgrund) | Hoch (Zins- und Tilgungsdruck) | Mittel (flexibler als Kredit) |
Schritt 3: Die strategische Kombination
Nun fügen Sie die Puzzleteile zusammen. Eine bewährte Theorie ist die „Pecking Order Theory“. Sie besagt, dass Unternehmen eine klare Hierarchie bei der Finanzierung bevorzugen: Zuerst wird die Innenfinanzierung genutzt. Reicht diese nicht aus, wird auf Fremdkapital zurückgegriffen, idealerweise beginnend mit geförderten Krediten. Erst als letzte Option wird neues Eigenkapital aufgenommen, da dies am teuersten ist und mit Kontrollverlust einhergeht. Wichtig ist zudem die „goldene Finanzierungsregel“: Die Laufzeit der Finanzierung sollte zur Nutzungsdauer des finanzierten Guts passen. Kurzfristiges Umlaufvermögen wird kurzfristig finanziert (z.B. Kontokorrentkredit), langfristiges Anlagevermögen langfristig (z.B. Investitionskredit).
Risiken und Fallstricke: Was Sie bei der Finanzierung unbedingt vermeiden sollten
Eine durchdachte Finanzierungsstrategie dient nicht nur der Kapitalbeschaffung, sondern auch der Risikominimierung. Auf dem Weg zur optimalen Kapitalstruktur lauern zahlreiche Fallstricke, die im schlimmsten Fall die Existenz des Unternehmens gefährden können. Wer diese Gefahren kennt, kann sie proaktiv umschiffen und eine robuste finanzielle Basis schaffen.
Die Gefahr der Überschuldung
Der häufigste und gefährlichste Fehler ist eine zu hohe Abhängigkeit von Fremdkapital. Zwar ist der Hebeleffekt (Leverage-Effekt) verlockend, bei dem durch den Einsatz von günstigem Fremdkapital die Eigenkapitalrendite gesteigert wird. Doch dieser Hebel wirkt in beide Richtungen. Bei einem unerwarteten Umsatzrückgang oder einer Zinserhöhung bleiben die hohen Zins- und Tilgungszahlungen bestehen. Die Liquidität wird knapp, das Unternehmen gerät in eine Schieflage und im schlimmsten Fall droht die Zahlungsunfähigkeit und damit die Insolvenz. Eine gesunde Eigenkapitalquote von mindestens 20-30 %, wie sie von vielen Experten für österreichische KMU empfohlen wird, dient als wichtiger Puffer gegen solche Schocks.
Verlust der unternehmerischen Kontrolle
Dieser Fallstrick lauert auf der Eigenkapitalseite. Insbesondere junge, wachstumsstarke Unternehmen sind oft auf Venture Capital angewiesen. Während das frische Kapital das Wachstum beflügelt, zahlen die Gründer dafür mit Unternehmensanteilen. Werden in mehreren Finanzierungsrunden zu viele Anteile zu einer zu geringen Bewertung abgegeben, droht die Verwässerung der eigenen Beteiligung. Die Gründer können die Mehrheit und damit die strategische Kontrolle über ihr eigenes Unternehmen verlieren. Investoren haben oft andere Ziele (schneller Exit) als die Gründer (langfristiger Aufbau). Es ist entscheidend, bei Verhandlungen klare Grenzen zu ziehen und die Bewertung des Unternehmens realistisch und selbstbewusst zu vertreten.
Falsche Fristen und Währungsrisiken
Ein oft unterschätztes Risiko liegt im sogenannten „Fristen-Mismatch“. Dies passiert, wenn langfristige Investitionen (z.B. eine Maschine mit 10 Jahren Nutzungsdauer) mit kurzfristigen Krediten (z.B. einem jährlich zu verlängernden Kontokorrentkredit) finanziert werden. Verlängert die Bank den Kredit nicht, steht das Unternehmen vor einem massiven Liquiditätsproblem, obwohl die Investition an sich profitabel ist. Es gilt die goldene Finanzierungsregel: Die Fristigkeit des Kapitals muss mit der Fristigkeit der Mittelverwendung übereinstimmen. Ein weiteres, für exportorientierte Unternehmen relevantes Risiko, sind Finanzierungen in Fremdwährungen. Schwankt der Wechselkurs ungünstig, können die Schulden in Euro unerwartet stark ansteigen.
Wichtige Fragen und Antworten
Was ist die „goldene Finanzierungsregel“?
Die goldene Finanzierungsregel ist ein fundamentaler Grundsatz der Unternehmensfinanzierung. Sie besagt, dass die Dauer, für die Kapital zur Verfügung steht (Fristigkeit der Finanzierung), mit der Dauer übereinstimmen sollte, für die das Kapital im Unternehmen gebunden ist (Nutzungsdauer des Vermögens). Konkret bedeutet das: Langfristiges Vermögen wie Maschinen oder Gebäude sollte mit langfristigem Kapital (Eigenkapital, langfristige Kredite) finanziert werden, während kurzfristiges Umlaufvermögen wie Warenlager durch kurzfristiges Kapital (z.B. Kontokorrentkredit) gedeckt werden sollte. Dies vermeidet Liquiditätsengpässe.
Welche Rolle spielt mein Businessplan bei der Finanzierung?
Der Businessplan ist das absolut zentrale Dokument für die externe Kapitalbeschaffung. Er ist Ihre Visitenkarte bei Banken, Förderstellen und Investoren. Ein überzeugender Businessplan beschreibt nicht nur die Geschäftsidee, sondern belegt mit einer detaillierten Finanzplanung (Umsatz-, Kosten-, Liquiditätsplan), dass Ihr Vorhaben durchdacht und wirtschaftlich tragfähig ist. Er zeigt Kapitalgebern, dass Sie Ihr Geschäft verstehen und in der Lage sind, das zur Verfügung gestellte Kapital gewinnbringend einzusetzen und Zinsen sowie Tilgung zu leisten.
Wie hoch sollte die Eigenkapitalquote in Österreich sein?
Es gibt keinen gesetzlich vorgeschriebenen Wert, aber als Faustregel gilt für gesunde österreichische KMU eine Eigenkapitalquote von mindestens 20 %, besser noch über 30 %. Eine hohe Quote signalisiert finanzielle Stabilität und Unabhängigkeit. Sie dient als Risikopuffer in schlechten Zeiten und ist für Banken ein entscheidendes Kriterium bei der Kreditvergabe. Unternehmen mit hoher Eigenkapitalquote erhalten in der Regel leichter und zu besseren Konditionen Kredite.
Kann ich verschiedene Förderungen kombinieren?
Ja, in vielen Fällen ist eine Kombination von Förderungen nicht nur möglich, sondern auch strategisch sinnvoll. So kann beispielsweise ein Zuschuss der FFG für ein Forschungsprojekt mit einem zinsgünstigen aws-Kredit für die anschließende Markteinführung und einer Haftung des Bundeslandes kombiniert werden. Wichtig ist, die jeweiligen Förderrichtlinien genau zu prüfen, da manche Kombinationen ausgeschlossen sein können („De-minimis“-Regelungen). Eine frühzeitige Beratung bei den Förderstellen ist hier sehr zu empfehlen.
Was ist Crowdfunding und ist das für mein Unternehmen relevant?
Crowdfunding (oder Crowdinvesting in Österreich) ist eine alternative Finanzierungsform, bei der Kapital von einer Vielzahl von Menschen („der Crowd“), meist über Online-Plattformen, eingesammelt wird. Es gibt verschiedene Modelle: Reward-based (Dankeschöns), Donation-based (Spenden), Lending-based (Kredite) und Equity-based (Unternehmensanteile). Vor allem für Start-ups mit konsumentennahen Produkten oder kreativen Projekten kann es eine relevante Option sein, um Startkapital zu beschaffen und gleichzeitig einen ersten Kundenstamm aufzubauen und die Markt-Akzeptanz zu testen.
Image by: Jakub Zerdzicki
https://www.pexels.com/@jakubzerdzicki
Weiterführende Quellen:
- Wachstum von Start – Als Kapitalquelle wird die Herkunft des Kapitals beschrieben. Die Innenfinanzierung bedeutet eine Finanzierung durch das vom Unternehmen erwirtschaftete Kapital …… (opus.campus02.at)
- Maßnahmenvorschläge zur Aktivierung des österr. Kapitalmarkts – Oct 2, 2022 … – Österreich braucht zur Belebung seiner Konjunktur und zur Recovery der Wirtschaft ein strategisches Konzept zur Stärkung von Eigenkapital und …… (wko.at)
- Finance & Funding – Skills Academy Workshops – … strategisches Instrument genutzt werden kann. Finanzierungsmöglichkeiten: Wir zeigen auf, wie man als Gründer:in an Kapitalquellen gelangt. Das umfasst die …… (wu.ac.at)
- Unternehmensfinanzierung – Langsam und stetig verschieben sich die Gewichte von der klassischen Bankenfinanzierung in Richtung Kapital- marktfinanzierung, aber auch in Richtung Leasing …… (slg.co.at)
- Finanzierung von Startups in der Gründungs – Wie finanzieren sich Startups in Österreich? Weitere Finanzquellen. Crowdfunding/ Crowdinvesting. Venture Capital (VC). Inkubator/ Accelerator. Bankkredit…. (unipub.uni-graz.at)