Den österreichischen Markt verstehen: Eine Anleitung zur professionellen Marktforschung

  • Gezielte Entscheidungen: Professionelle Marktforschung minimiert Risiken und hilft Ihnen, fundierte Geschäftsentscheidungen zu treffen, die auf echten Daten statt auf Vermutungen basieren.
  • Österreich-Spezifika verstehen: Der österreichische Markt hat einzigartige kulturelle und regionale Eigenheiten. Marktforschung deckt diese auf und ermöglicht eine passgenaue Ansprache.
  • Kundenbedürfnisse erkennen: Sie lernen Ihre Zielgruppe bis ins Detail kennen – ihre Wünsche, Probleme und Kaufmotive. Das ist die Basis für erfolgreiche Produkte und Dienstleistungen.
  • Wettbewerbsvorteil sichern: Indem Sie den Markt und Ihre Mitbewerber besser verstehen als andere, können Sie sich klar positionieren und Nischen erfolgreich besetzen.
  • Effizienter Ressourceneinsatz: Marktforschung hilft Ihnen, Ihr Marketingbudget und Ihre Entwicklungsressourcen gezielt dort einzusetzen, wo sie die größte Wirkung erzielen.

Warum ist Marktforschung in Österreich unverzichtbar?

Viele Jungunternehmer und auch etablierte Betriebe in Österreich verlassen sich auf ihr Bauchgefühl. Das kann funktionieren, ist aber oft ein riskantes Spiel. Der österreichische Markt ist zwar überschaubar, aber gerade deshalb intensiv umkämpft. Eine falsche Produkteinführung oder eine verfehlte Werbekampagne kann schnell existenzbedrohend werden. Professionelle Marktforschung ist Ihre Versicherung gegen teure Fehlentscheidungen. Sie liefert Ihnen eine objektive Grundlage, um den Markt nicht nur zu bedienen, sondern ihn wirklich zu verstehen.

Stellen Sie sich vor, Sie möchten ein neues Getränk auf den Markt bringen. Ohne Marktforschung könnten Sie an den Vorlieben der Österreicherinnen und Österreicher komplett vorbeizielen. Vielleicht bevorzugen die Konsumenten in Wien andere Geschmacksrichtungen als in Tirol? Vielleicht legen sie mehr Wert auf regionale Zutaten als auf einen niedrigen Preis? Das sind Fragen, die das Bauchgefühl allein nicht beantworten kann. Marktforschung agiert wie ein Kompass. Sie zeigt Ihnen den Weg, deckt unerwartete Chancen auf und warnt Sie vor potenziellen Hürden. Gerade in einem Markt, der stark von Regionalität, Qualitätsbewusstsein und einer gewissen Markentreue geprägt ist, ist es entscheidend, die genauen Bedürfnisse der Zielgruppe zu kennen. Wer hier blind agiert, überlässt seinen Erfolg dem Zufall.

Die zwei Säulen der Marktforschung: Primär- und Sekundärforschung

Um den Markt zu durchleuchten, stehen Ihnen grundsätzlich zwei Wege zur Verfügung: die Primärforschung und die Sekundärforschung. Das Verständnis dieser beiden Säulen ist der erste Schritt zu einem effektiven Forschungsplan. Man kann sie sich wie das Bauen mit neuen und bereits vorhandenen Ziegeln vorstellen.

Sekundärforschung: Das Fundament aus vorhandenem Wissen

Die Sekundärforschung, oft auch „Schreibtischforschung“ genannt, ist meist der erste und kostengünstigste Schritt. Hier greifen Sie auf bereits existierende Daten und Informationen zurück. Sie müssen keine eigenen Erhebungen durchführen, sondern analysieren, was andere bereits zusammengetragen haben. Das können öffentliche Statistiken, Branchenreports oder wissenschaftliche Studien sein. Für den österreichischen Markt sind Quellen wie die Statistik Austria, die Wirtschaftskammer Österreich (WKO) oder Fachpublikationen Gold wert. Der große Vorteil: Sie erhalten schnell einen breiten Überblick über Marktgröße, demografische Entwicklungen oder allgemeine Konsumtrends. Der Nachteil ist, dass diese Daten oft nicht spezifisch genug für Ihre individuelle Fragestellung sind.

Primärforschung: Maßgeschneiderte Antworten auf Ihre Fragen

Wenn die Sekundärforschung an ihre Grenzen stößt, kommt die Primärforschung ins Spiel. Hier erheben Sie neue, exklusive Daten, die genau auf Ihr Unternehmen und Ihre spezifische Problemstellung zugeschnitten sind. Sie stellen die Fragen direkt an Ihre Zielgruppe. Methoden der Primärforschung sind zum Beispiel Umfragen, Interviews, Fokusgruppen oder Beobachtungen. Dieser Ansatz ist zwar aufwendiger und teurer, liefert aber unschätzbar wertvolle, maßgeschneiderte Einblicke. Sie erfahren aus erster Hand, was Ihre potenziellen Kunden über Ihr Produkt denken, welchen Preis sie akzeptieren würden oder welche Werbebotschaft sie am meisten anspricht. Die Kombination aus beiden Ansätzen ist oft ideal: Die Sekundärforschung legt das Fundament, die Primärforschung baut darauf das spezifische Wissen auf.

Quantitative vs. Qualitative Methoden: Was ist das Richtige für Sie?

Innerhalb der Primärforschung wird zwischen zwei grundlegenden methodischen Ansätzen unterschieden: der quantitativen und der qualitativen Forschung. Beide verfolgen unterschiedliche Ziele und beantworten unterschiedliche Arten von Fragen. Die Wahl der richtigen Methode hängt entscheidend davon ab, was genau Sie herausfinden möchten. Es geht nicht um „besser“ oder „schlechter“, sondern um den passenden Werkzeugkasten für Ihr spezifisches Problem.

Quantitative Forschung: Die Welt in Zahlen

Die quantitative Marktforschung zielt darauf ab, messbare, statistisch auswertbare Daten zu erheben. Sie beantwortet Fragen nach dem „Wie viel?“ und „Wie viele?“. Typische Instrumente sind standardisierte Online-Umfragen, Telefonbefragungen oder die Analyse von Verkaufszahlen. Das Ziel ist es, mit einer ausreichend großen und repräsentativen Stichprobe Ergebnisse zu erhalten, die auf die Grundgesamtheit – zum Beispiel alle Österreicher zwischen 20 und 40 Jahren – übertragbar sind. Sie können damit herausfinden, wie viel Prozent der Wiener Bevölkerung bereit wären, für ein E-Lastenrad mehr als 3.000 Euro auszugeben, oder welcher Anteil der Steirer regelmäßig Bio-Produkte kauft. Quantitative Daten sind hart, objektiv und ideal, um Hypothesen zu überprüfen und Marktanteile zu beziffern.

Qualitative Forschung: Das „Warum“ ergründen

Die qualitative Marktforschung hingegen taucht tiefer ein. Sie will nicht zählen, sondern verstehen. Sie beantwortet die „Warum?“-Fragen: Warum bevorzugen Kunden eine Marke gegenüber einer anderen? Welche unbewussten Motive stecken hinter einer Kaufentscheidung? Welche Emotionen löst eine Werbekampagne aus? Hier arbeitet man mit kleineren Fallzahlen, aber dafür sehr intensiv. Methoden sind zum Beispiel Tiefeninterviews, Gruppendiskussionen (Fokusgruppen) oder ethnografische Beobachtungen. Die Ergebnisse sind nicht statistisch repräsentativ, liefern aber tiefe Einblicke in die Denk- und Gefühlswelt der Konsumenten. Sie helfen, neue Ideen zu entwickeln und die wahren Bedürfnisse Ihrer Zielgruppe aufzudecken.

Merkmal Quantitative Forschung Qualitative Forschung
Ziel Hypothesen testen, Fakten messen, quantifizieren Motive verstehen, Hypothesen entwickeln, explorieren
Fragetyp „Wie viele?“, „Wie oft?“, „Wie hoch ist der Anteil?“ „Warum?“, „Wie?“, „Welche Motive stecken dahinter?“
Stichprobe Groß, repräsentativ, statistisch relevant Klein, gezielt ausgewählt, nicht repräsentativ
Typische Methoden Standardisierte Umfragen, Experimente, Panel-Daten Tiefeninterviews, Fokusgruppen, Beobachtungen
Ergebnis Zahlen, Tabellen, Statistiken, Diagramme Detaillierte Beschreibungen, Zitate, Interpretationen

Der Marktforschungsprozess in 5 Schritten: Von der Idee zur Entscheidung

Professionelle Marktforschung ist kein chaotisches Unterfangen, sondern folgt einem strukturierten Prozess. Dieser systematische Ansatz stellt sicher, dass die Ergebnisse verlässlich und die daraus abgeleiteten Maßnahmen wirksam sind. Wenn Sie diesen Fünf-Schritte-Plan befolgen, können Sie auch als Einsteiger Ihre Marktforschungsaktivitäten erfolgreich durchführen oder die Arbeit einer Agentur kompetent begleiten.

Schritt 1: Problemdefinition und Zielsetzung

Am Anfang steht die wichtigste Frage: Was genau wollen wir wissen und warum? Eine unklare Fragestellung führt unweigerlich zu unbrauchbaren Ergebnissen. Definieren Sie das Problem so präzise wie möglich. Statt „Wir wollen wissen, was die Kunden wollen“ formulieren Sie besser: „Wir wollen herausfinden, welche Faktoren (Preis, Design, Funktionalität) für unsere Zielgruppe beim Kauf eines neuen Kaffeevollautomaten in Österreich am wichtigsten sind.“ Legen Sie klare Ziele fest, was Sie mit den gewonnenen Informationen erreichen wollen.

Schritt 2: Wahl des Forschungsdesigns

Basierend auf Ihrer Fragestellung entscheiden Sie nun über die richtige Methode. Beginnen Sie mit der Sekundärforschung: Welche Daten gibt es bereits? Erst dann planen Sie die Primärforschung. Entscheiden Sie sich zwischen einem qualitativen Ansatz (z.B. Fokusgruppen, um Motive zu verstehen) und einem quantitativen Ansatz (z.B. eine Online-Umfrage, um die Verteilung der Präferenzen zu messen) oder einer Kombination aus beidem. Legen Sie auch die Zielgruppe und die Stichprobengröße fest.

Schritt 3: Datenerhebung

Dies ist die Feldphase, in der die eigentlichen Daten gesammelt werden. Bei einer Umfrage wird der Fragebogen programmiert und versendet. Bei Interviews werden die Gespräche geführt und aufgezeichnet. Die Qualität dieser Phase ist entscheidend für die Güte der Ergebnisse. Achten Sie auf eine saubere Durchführung, schulen Sie Interviewer und stellen Sie sicher, dass die ausgewählte Stichprobe auch wirklich erreicht wird.

Schritt 4: Datenanalyse und Interpretation

Die rohen Daten müssen nun aufbereitet und analysiert werden. Quantitative Daten werden statistisch ausgewertet, um Muster und Zusammenhänge zu erkennen. Qualitative Daten, wie Interview-Transkripte, werden systematisch codiert und interpretiert. Der entscheidende Schritt ist hier die Übersetzung von Daten in Erkenntnisse. Eine reine Zahl wie „70 % bevorzugen Design A“ ist eine Information. Die Erkenntnis wäre die Antwort auf die Frage, warum sie es bevorzugen.

Schritt 5: Ergebnispräsentation und Handlungsempfehlungen

Am Ende werden die Ergebnisse verständlich aufbereitet und präsentiert. Ein guter Marktforschungsbericht enthält nicht nur Diagramme und Tabellen, sondern eine klare Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse. Vor allem aber leitet er konkrete, umsetzbare Handlungsempfehlungen ab. Was bedeuten diese Ergebnisse für unsere Produktentwicklung, unser Marketing oder unsere Preisstrategie? Nur so schließt sich der Kreis und die Marktforschung wird zum Motor für kluge Geschäftsentscheidungen.

Die österreichische Seele verstehen: Kulturelle Besonderheiten im Konsumverhalten

Wer den österreichischen Markt erobern will, muss mehr tun, als nur seine Produkte anzubieten. Es ist essenziell, die kulturellen Eigenheiten und die Mentalität der Menschen zu verstehen. Österreicherinnen und Österreicher ticken in vielen Belangen anders als ihre Nachbarn in Deutschland oder der Schweiz. Diese Nuancen können über Erfolg oder Misserfolg entscheiden.

Die Macht der Regionalität und des Ursprungs

In kaum einem anderen Land ist die Bedeutung von „Regionalität“ so ausgeprägt wie in Österreich. Produkte „aus der Region“ oder „Made in Austria“ genießen ein enormes Vertrauen und eine hohe Zahlungsbereitschaft. Dies gilt nicht nur für Lebensmittel wie Paradeiser aus dem Burgenland oder Käse aus Vorarlberg, sondern auch für Handwerk, Dienstleistungen und sogar Technologie. Eine transparente Herkunft und die Unterstützung der heimischen Wirtschaft sind starke Verkaufsargumente. Wer seine Wurzeln in Österreich hat oder glaubhaft eine lokale Verankerung vermitteln kann, hat einen klaren Vorteil.

Qualitätsbewusstsein vor Preis-Fetischismus

Während in anderen Märkten oft der billigste Preis gewinnt, herrscht in Österreich ein starkes Qualitätsbewusstsein. Die „Geiz ist geil“-Mentalität hat hier nie wirklich Fuß gefasst. Konsumenten sind bereit, für gute Qualität, Langlebigkeit und verlässlichen Service einen fairen Preis zu zahlen. Es geht um das Preis-Leistungs-Verhältnis, nicht um den absoluten Billigpreis. Produkte und Dienstleistungen müssen ihren Wert beweisen. Wer nur über den Preis konkurriert, wird es in vielen Segmenten schwer haben.

Tradition, Gemütlichkeit und Vertrauen

Österreich ist ein Land mit einer reichen Geschichte, und das spiegelt sich auch im Konsumverhalten wider. Etablierte Marken mit langer Tradition genießen oft einen Vertrauensvorschuss. Ein „gscheiter“ persönlicher Kontakt und guter Service sind oft wichtiger als ein anonymer Online-Shop. Der Faktor „Gemütlichkeit“ spielt ebenfalls eine Rolle. Ein Einkaufserlebnis soll angenehm und stressfrei sein. Unternehmen, die eine persönliche, vertrauensvolle Beziehung zu ihren Kunden aufbauen können, schaffen eine loyale Stammkundschaft. Diese Skepsis gegenüber dem reißerisch Neuen bedeutet aber nicht, dass Innovation keine Chance hat. Sie muss nur gut begründet, verlässlich und idealerweise mit einem bekannten Absender verknüpft sein.

Wichtige Datenquellen und Anlaufstellen in Österreich

Eine fundierte Marktforschung beginnt oft mit der Analyse bestehender Daten. Glücklicherweise gibt es in Österreich eine Reihe von exzellenten Institutionen und Quellen, die verlässliche Informationen für die Sekundärforschung bereitstellen. Diese Anlaufstellen sind unverzichtbar, um ein erstes Gefühl für den Markt zu bekommen, ohne sofort teure Primärerhebungen in Auftrag geben zu müssen.

Statistik Austria: Das Fundament jeder Analyse

Die Statistik Austria ist die wichtigste offizielle Quelle für demografische, soziale und wirtschaftliche Daten in Österreich. Hier finden Sie detaillierte Informationen zur Bevölkerungsstruktur nach Alter, Bundesland und Bildung, aber auch Daten zum Haushaltseinkommen, zu Konsumausgaben und zur wirtschaftlichen Lage. Viele dieser Daten sind kostenlos zugänglich und bilden das unerlässliche Fundament für jede Marktpotenzialanalyse. Wenn Sie wissen wollen, wie viele potenzielle Kunden in Ihrer Zielregion leben oder wie hoch deren Kaufkraft ist, ist die Statistik Austria Ihre erste Adresse.

Wirtschaftskammer Österreich (WKO) und Branchenverbände

Die WKO ist eine wahre Fundgrube für unternehmensrelevante Daten. Sie veröffentlicht regelmäßig Branchenreports, Konjunkturprognosen und Analysen zu spezifischen Wirtschaftszweigen. Über die Fachgruppen und Innungen erhalten Sie oft sehr detaillierte Einblicke in Ihren spezifischen Markt, inklusive Kennzahlen zu Mitbewerbern oder rechtlichen Rahmenbedingungen. Auch andere Branchenverbände, von der Landwirtschaftskammer bis hin zu spezifischen Fachvereinigungen, bieten oft wertvolle Studien und Statistiken an, die genau auf die jeweilige Branche zugeschnitten sind.

Wissenschaftliche Institute und Marktforschungsagenturen

Neben den öffentlichen Stellen gibt es in Österreich renommierte Forschungsinstitute, die regelmäßig Studien zum Konsumverhalten oder zu gesellschaftlichen Trends veröffentlichen. Dazu gehören beispielsweise KMU Forschung Austria, die sich auf kleine und mittlere Unternehmen spezialisiert hat, oder das Institut für Höhere Studien (IHS). Auch die großen Marktforschungsagenturen in Österreich (wie GfK, Integral oder Marketagent) publizieren oft Auszüge aus ihren Studien. Ein Blick auf die Webseiten dieser Institutionen lohnt sich, um aktuelle Trends und Stimmungsbilder aus der Bevölkerung zu erhalten. Ebenso können die betriebswirtschaftlichen Fakultäten der österreichischen Universitäten und Fachhochschulen wertvolle wissenschaftliche Arbeiten und Erkenntnisse liefern.

Kosten und Nutzen abwägen: Was kostet Marktforschung wirklich?

Die Frage nach den Kosten ist für viele Unternehmen, insbesondere für KMU und Start-ups, oft die größte Hürde. Die gute Nachricht ist: Marktforschung muss nicht immer teuer sein. Die Kosten variieren enorm und hängen von der Tiefe und dem Umfang Ihres Vorhabens ab. Entscheidend ist, die Ausgaben nicht als Kostenpunkt, sondern als Investition in die Zukunftssicherheit Ihres Unternehmens zu betrachten.

Die Skala reicht von quasi null Euro bis hin zu fünf- oder sechsstelligen Beträgen. Eine solide Sekundärforschung, bei der Sie auf öffentliche Quellen wie die Statistik Austria oder WKO-Reports zurückgreifen, kostet Sie primär Ihre eigene Zeit. Wenn Sie selbst eine kleine Online-Umfrage mit kostenlosen Tools erstellen und an Ihren bestehenden Kundenstamm oder Ihre Social-Media-Follower versenden, sind die direkten Kosten ebenfalls minimal. Solche „Do-it-yourself“-Ansätze können bereits wertvolle erste Hinweise liefern. Sie bergen aber auch das Risiko von methodischen Fehlern, etwa durch eine verzerrte Stichprobe oder falsch formulierte Fragen.

Wenn Sie verlässliche, repräsentative Ergebnisse benötigen, führt kaum ein Weg an einer professionellen Agentur vorbei. Eine einfache quantitative Online-Befragung mit einigen hundert Teilnehmern kann je nach Komplexität und Zielgruppe bei einigen tausend Euro starten. Qualitative Methoden wie Fokusgruppen oder Tiefeninterviews sind aufgrund des höheren personellen Aufwands für Rekrutierung, Durchführung und Auswertung meist teurer. Eine einzelne Fokusgruppe kostet schnell 2.000 bis 5.000 Euro. Um den Nutzen zu bewerten, stellen Sie den Kosten eine einfache Frage gegenüber: Was kostet es uns, wenn wir mit unserem neuen Produkt scheitern? Die Ausgaben für die Entwicklung, die Produktion und das Marketing einer gescheiterten Idee übersteigen die Kosten für eine vorgelagerte Marktforschung fast immer um ein Vielfaches. Marktforschung ist somit eine kluge Risikominimierung.

Die häufigsten Fehler bei der Marktforschung und wie Sie diese vermeiden

Marktforschung kann ein mächtiges Werkzeug sein. Doch wenn sie falsch durchgeführt wird, kann sie zu irreführenden Ergebnissen und fatalen Fehlentscheidungen führen. Es gibt einige klassische Fallstricke, in die besonders Einsteiger immer wieder tappen. Wer diese kennt, kann sie gezielt umschiffen und die Qualität seiner Erkenntnisse massiv steigern.

Fehler 1: Die falsche oder unpräzise Fragestellung

Alles beginnt mit der Forschungsfrage. Ist diese vage oder falsch gestellt, kann der Rest des Prozesses noch so perfekt sein – das Ergebnis wird nicht weiterhelfen. „Finden Sie unser neues Logo gut?“ ist eine schlechte Frage. Sie ist suggestiv und liefert keine tiefen Einblicke. Besser wäre: „Welche Assoziationen weckt unser neues Logo bei Ihnen? Was gefällt Ihnen daran, und was gefällt Ihnen weniger?“ Investieren Sie ausreichend Zeit in die präzise Formulierung Ihrer Kernfragen, bevor Sie mit der Datenerhebung beginnen.

Fehler 2: Die verzerrte Stichprobe

Ein sehr häufiger Fehler ist die Auswahl der falschen oder einer nicht repräsentativen Stichprobe. Wenn Sie nur Ihre Freunde, Familie oder bestehende, loyale Kunden befragen, erhalten Sie ein verzerrtes, übermäßig positives Bild. Dieses Phänomen nennt man „selection bias“. Ihre Ergebnisse spiegeln dann nicht die Meinung des Gesamtmarktes wider. Achten Sie darauf, dass Ihre Stichprobe in relevanten Merkmalen wie Alter, Geschlecht und Region der tatsächlichen Zielgruppe entspricht. Fragen Sie nicht nur die, die Sie mögen, sondern auch kritische oder potenzielle Neukunden.

Fehler 3: Der Bestätigungsfehler (Confirmation Bias)

Menschen neigen dazu, unbewusst nach Informationen zu suchen, die ihre bereits bestehende Meinung bestätigen, und jene zu ignorieren, die ihr widersprechen. Dieser „Confirmation Bias“ ist einer der größten Feinde der objektiven Marktforschung. Gehen Sie offen in die Analyse. Suchen Sie nicht nur nach Belegen für Ihre geniale Produktidee, sondern seien Sie besonders aufmerksam für kritische Stimmen und negative Ergebnisse. Oft liegen gerade dort die wertvollsten Hinweise für Verbesserungen. Seien Sie bereit, Ihre Lieblingsidee aufgrund von klaren Daten auch zu verwerfen.

Fehler 4: Ergebnisse werden nicht genutzt

Der vielleicht frustrierendste Fehler ist, wenn eine aufwendige und teure Studie durchgeführt wird, deren Ergebnisse am Ende in der Schublade landen. Marktforschung ist kein Selbstzweck. Sie soll als Grundlage für konkrete Maßnahmen dienen. Stellen Sie sicher, dass die Ergebnisse im Unternehmen präsentiert, diskutiert und in klare Handlungsempfehlungen übersetzt werden. Planen Sie von Anfang an, wie die Erkenntnisse in die Strategie-, Produktentwicklungs- oder Marketingprozesse einfließen sollen.

Wichtige Fragen und Antworten

Kann ich Marktforschung selbst durchführen?

Ja, für einen ersten Überblick können Sie einfache Marktforschung selbst betreiben. Sekundärforschung (Analyse bestehender Daten von Statistik Austria etc.) und kleine Online-Umfragen im eigenen Kundenkreis sind gute Startpunkte. Für repräsentative, strategisch wichtige Entscheidungen ist jedoch die Zusammenarbeit mit einer professionellen Agentur empfehlenswert, um methodische Fehler und verzerrte Ergebnisse zu vermeiden.

Wie groß muss meine Stichprobe sein?

Das hängt von der Methode und dem Ziel ab. In der qualitativen Forschung (z.B. Interviews) reichen oft schon 10-20 Personen für tiefe Einblicke. In der quantitativen Forschung, um statistisch belastbare Aussagen für den österreichischen Markt zu treffen, sind je nach gewünschter Genauigkeit meist Stichproben von 400 bis 1.000 Befragten notwendig.

Was ist der Unterschied zwischen Marktforschung und Marktanalyse?

Die Begriffe werden oft synonym verwendet, sind aber nicht identisch. Die Marktanalyse ist eine Momentaufnahme und beschreibt den Zustand eines Marktes zu einem bestimmten Zeitpunkt (z.B. Größe, Wettbewerber, Potenziale). Die Marktforschung ist der umfassendere Prozess der systematischen Sammlung, Analyse und Interpretation von Daten über diesen Markt. Die Marktanalyse ist also oft ein Ergebnis der Marktforschung.

Lohnt sich Marktforschung auch für kleine Unternehmen in Österreich?

Absolut! Gerade für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ist es entscheidend, die eigenen begrenzten Ressourcen gezielt einzusetzen. Marktforschung hilft, teure Fehler bei der Produkteinführung oder im Marketing zu vermeiden und Nischen zu finden, in denen man sich gegen größere Konkurrenten behaupten kann. Auch mit kleinem Budget lassen sich wertvolle Erkenntnisse gewinnen.

Image by: Lukas
https://www.pexels.com/@goumbik